Der Aufbau einer Zigarre

Wie ich schon unter „Welche Zigarre ist denn nun die beste?“ angerissen habe, unterscheidet man Zigarren zunächst in Longfiller und Shortfiller. Also ob die Füllung der Zigarre aus ganzen Blättern oder aus Tabakstückchen besteht.

Longfiller sind in der Regel höherwertiger und teurer als Shortfiller. Das liegt zum einen daran, dass man hier wirklich ganze Blätter verwenden muss und keine Tabakreste verarbeiten kann und außerdem ist der Aufwand der Wicklung höher. Der große Vorteil der Longfiller, insbesondere nach kubanischer Art, ist, dass der Torcedor (der Zigarrendreher) bei den Einlageblättern die Blätter genau so zusammenstellen kann, dass ein gutes Aroma entsteht. Blatt ist nämlich nicht gleich Blatt.

Bei den Einlageblättern unterscheidet der kubanische Torcedor mindestens drei Typen (daher heißt die Einlage auch die tripa):

  • Blätter vom oberen Teil der Pflanze, die viel Sonne abbekommen haben, in Kuba als ligero bezeichnet, zeichnen sich durch einen höheren Nikotingehalt aus und bestimmen die Stärke der Zigarre. Sie brennen in der Regel recht langsam ab. (Stärke 3 = fortaleza 3)
  • Blätter von der Mitte der Pflanze, die seco, enthalten viele ätherische Öle und verleihen der Zigarre Würze und Aroma. (Stärke 2 = fortaleza 2)
  • Blätter vom unteren Teil der Pflanze bekommen das wenigste Licht und liefern ein leicht entflammbares Tabakblatt milden Aromas. (Stärke 1 = fortaleza 1)
  • In besonders hochwertigen Zigarren werden auch noch die beiden kräftigsten Tabakblätter von der Spitze der Tabakpflanze verarbeitet, die einen besonders intensiven Geschmack hervorbringen und abhängig von den klimatischen Bedingungen nur in beschränkten Mengen geerntet werden können. (Stärke 4 = fortaleza 4)

Es ist leicht nachzuvollziehen, dass der Torcedor durch Wahl der Einlageblätter schon den Abbrand und Geschmack der Zigarre stark beeinflussen kann. Weiterhin natürlich auch durch die Stärke der Wicklung und die Menge des Tabaks. Nicht umsonst ist es eine echte Kunst entsprechend der gewünschten Vitola den Tabak richtig zu wählen und zu rollen.

Doch es geht weiter: Die Einlageblätter werden in ein Umblatt (capote) eingeschlagen. Es stammt oft vom unteren Teil der Tabakpflanze und ist speziell für diese Verwendung ausgewählt. Das Umblatt hält die Einlage zusammen und verleiht ihr zusätzliches Aroma. Umblatt und Einlage zusammen werden als Wickel bezeichnet. Andere Namen für den beim Einrollen der Einlage entstehenden zylindrischen Wickel sind Bonche oder Puppe.

Nun durchläuft jede Zigarre einen aufwendigen Arbeitsschritt, bei dem Einlage und Umblatt mittels hölzerner Schienen in Form gepresst werden. Das Pressen dauert in etwa 30 Minuten. Wobei die Holzpressformen mittels Schraubzwingen zusammengehalten werden. Ein bei der Pressung herausragendes Stück der Puppe wird später zurechtgestutzt, so dass eine Rundung für den Kopf der Zigarre einsteht. An dieser Stelle wird die Zigarre später angeschnitten.

Last, but not least, kommt für das Auge noch ein Deckblatt (capa) obendrauf. Dieses wird mit dem Zigarrenmesser (chaveta) sichelförmig zurechtgeschnitten, so dass es sich perfekt an den Wickel anpasst. Das Blatt wurde speziell in Bezug auf Farbe und Struktur auserlesen. Dazu wird in Kuba ein eigenes Feld betrieben auf dem die Pflanzen mit Baumwolltüchern bedeckt werden, damit die Sonne auf 30% gefiltert wird und das Blatt seine feine Struktur erhält. Es ist ein feines, hochelastisches Blatt. Das Deckblatt umhüllt das Umblatt einer Zigarre bündig und bildet die äußere Oberfläche der Zigarre.

Anders, als viele vermuten, trägt das Deckblatt zum Geschmack einer sortenreinen Zigarre nur wenig bei. Seine samtige, matt glänzende Oberfläche ist vielmehr etwas für das Auge. Daher ist es unsinnig die Stärke einer Zigarre nach der dunklen Farbe des Deckblatts zu bestimmten. Man könnte eine völlig leichte Zigarre in ein dunkles, öliges Deckblatt hüllen, ohne dass das Aroma dadurch groß verändert würde. Jedoch wird bei der Herstellung der Zigarre schon oft darauf geachtet, dass die Farbe des Deckblatts im Zusammenhang mit dem zu erwartenden Aroma steht.

Parejos, also zylindrisch gerade Zigarren bekommen noch eine Kappe oder einen Kopf. Figurados, also spitz zulaufende Zigarren werden nochmals etwas anders gerollt (siehe auch Vitolas).

Kuba war Anfangs das einzige Land, dass für seine Zigarren nur sortenreine Tabake, also Tabake aus einem Land benutzte. Diese Zigarren nennt man puros (span. „rein, klar, sauber“). Dies hat sich aber inzwischen geändert und man findet auch „puros“ aus anderen Herkunftsländern (z.B. Brasilien, Peru, und Mexiko). Zigarren mit unterschiedlichen Tabaken nennt man übrigens blends (ähnlich wie bei Whiskys). Diese müssen nicht schlechter sein, im Gegenteil, die Mischung von Tabaken unterschiedlicher Herkunft erlaubt die Zusammenstellung ganz eigener Aromen.

Die besten Zigarren Kubas werden außerdem habanos genannt. Alle habanos kommen aus Kuba, aber nicht alle kubanischen Zigarren sind habanos. Der Name Habano ist reserviert für Zigarren von mindestens drei Gramm Gewicht, die in Kuba unter definierten Qualitätskriterien der dortigen Tabakindustrie hergestellt werden und aus schwarzem Tabak bestehen, angebaut in verschiedenen Regionen Kubas, welche auch durch ihre Herkunftsbezeichnung geschützt sind. Das ist ganz wichtig, insbesondere für Touristen, die sich auf Kuba irgendwo auf der Straße Zigarren andrehen lassen und glauben, damit ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Habanos sind z.B. Zigarren der hochwertigen Marken Montecristo, Cohiba, Partagas, Romeo y Julieta, etc. Insgesamt ungefähr 33 Marken.

Bei den Shortfillern wird die Einlage aus kleineren Tabakstückchen geformt. Hier wird der Geschmack durch die Tabakmischung bestimmt. Es liegt auf der Hand, dass solche Zigarren keine Aromenentwicklung während des Rauchens durchleben können, sondern im Aroma relativ konstant bleiben. Außerdem raucht sich eine Shortfiller oft mit weniger Widerstand. Das muss aber nicht schlecht sein. Manche bevorzugen dieses Rauchverhalten sogar. Umblatt und Deckblatt gibt es aber auch hier. Es gibt in Deutschland in Lahr noch eine letzte Zigarren-Manufaktur, die hochwertige Shortfiller herstellen. Wer also einmal original Schwarzwälder Zigarren (immerhin mit fast 250jähriger Tabaktradition) ausprobieren will, der sollte mal dort im Shop vorbei schauen.