Der Duft der Herren

Herrendüfte

Duft ist ein ganz besonderes Accessoire: Er wirkt oft sehr unbewusst, kann aber enorme Gefühle auslösen. Denken Sie nur einmal an den Duft des Waschmittels mit dem Ihre Mutter immer gewaschen hat oder wie das Haus der Großeltern immer gerochen hat. Beinahe unmittelbar werden Kindheitserinnerungen dadurch wach gerufen und positive Gefühle freigesetzt. Ähnlich ist es beim dem Geruch anderer Menschen. Ein Mensch mit Mund- oder Körpergeruch kann sehr abstoßend wirken, selbst wenn es ein sehr sympathischer Mensch ist. Umgekehrt kann ein angenehmer Duft dazu führen, dass wir uns zu einem Menschen hingezogen fühlen. Frauen sollen sogar in der Lage sein anhand des Körpergeruches den Partner zu wählen, der genetisch am besten zu ihnen passt!

In jedem Fall ist es wünschenswert gut zu riechen. Aber ein Duft kann noch mehr. Er kann auch eine bestimmte Einstellung übermitteln: Selbstbewusst oder verspielt? Ernsthaft oder zum Spaß aufgelegt? Leichtfüßig oder gravitätisch? usw.

Zunächst ein paar Grundlagen: Neben dem Eau de Parfum wird oft auch ein Eau de Toilette und gelegentlich sogar ein Eau de Cologne angeboten. Der Unterschied macht sich nicht nur preislich bemerkbar, sondern liegt in der Duftkonzentration, also in dem Anteil an Duftölen, die in dem Parfüm enthalten sind. Für Herrendüfte halte ich meist ein Eau de Toilette für ausreichend und selbst hier muss man zurückhaltend dosieren. Im Detail gelten folgende Verdünnungsklassen:

  • Eau de Solide (EdS), Splash CologneEdition SSplash Perfumes (1–3 %). („EdS“ ist ein eingetragenes Warenzeichen.)
  • Eau de Cologne (EdC), Kölnisch Wasser (3–5 %). („Echt Kölnisch Wasser“ und „Original Eau de Cologne“ sind eingetragene Warenzeichen.)
  • Eau de Toilette (EdT; 6–9 %) – bei sogenannten Extrême-/Extreme– oder Intense-Varianten auch mehr.
  • Eau de Parfum (EdP; 10–14 %) – Intense-Varianten: bis 20 %
  • Extrait Parfum oder Extrait de Parfum (Parfum/Parfüm; 15–30 %) – Intense-Varianten: bis 40 %

Bei der Beschreibung von Düften unterscheidet man Kopfnote, Herznote und Basisnote. Was ein wenig esoterisch klingt, hat durchaus seine praktische Berechtigung (Quelle: Wikipedia):

  • Die Kopfnote ist unmittelbar in den ersten Minuten nach dem Auftragen des Parfüms auf der Haut wahrnehmbar. Da sie für den ersten Eindruck und die Kaufentscheidung wichtig ist, ist die Kopfnote meist intensiver als die anderen und wird von leichtflüchtigen Duftstoffen geprägt. Für gewöhnlich setzt sie sich aus leichten Duftnoten zusammen, aber es können schon Teile von Herz- und Basisnote anklingen.
  • Die Herznote ist in den Stunden, nachdem sich die Kopfnote verflüchtigt hat, zu riechen und bildet den eigentlichen Duftcharakter (das Herzstück). In der Herznote finden sich meistens Blütennuancen, die mit anderen Aromen kombiniert werden. Sie wird häufig auch als Mittelnote bezeichnet.
  • Die Basisnote ist der letzte Teil des Duftablaufes und enthält langhaftende und schwere Bestandteile.

Auf meiner Suche nach dem perfekten Herrenduft für den „Sophisticated Man“ sind mir natürlich auch ein paar Herrenparfümhersteller aufgefallen, die ich einfach vorstellen muss. In ihrer Handwerkskunst und Tradition sind sie wahrlich herausragende Familienunternehmen, die mit ihrer inzwischen jahrhundertealten Erfahrung auch für Sie einen passenden Duft haben dürften.

Herrendüfte

Das erste Familienunternehmen ist Floris in 89 Jermyn Street in London. Das Familienunternehmen wurde 1730 von Juan Famenias Floris gegründet. Juan stammte eigentlich von der balearischen Insel Menorca und war mit seiner Frau Elizabeth nach London gekommen, um dort sein Glück zu finden. Dort, in 89 Jermyn Street, ist immer noch der Hauptsitz der Firma. Inspiriert von einem der ersten Briefe von Juan an seine Heimat ist der Duft NEROLI VOYAGE, ein Unisex-Parfüm, mit zitrischen Noten von Neroli und Zitrone erweitert um Meeresdüfte, die das frische Meer symbolisieren.

Floris stieg im Laufe der Jahre zu einem der angesehensten Parfümproduzenten Englands auf. Ab 1820 wurde Floris zum königlichen Hoflieferanten für George IV. Neben Parfüms, waren vor allem kunstvoll gefertigte Kämme zu dieser Zeit eine Spezialität von Floris, zusammen mit einer Sammlung von Zahnbürsten und Mundwässern, die von der Elite-Kundschaft des Unternehmens sehr geschätzt wurden. In früheren Zeiten war es z.B. üblich, dass britische Adelige ihren Söhnen zur Volljährigkeit einen Duft schenkten, mit dem sie dann in der Londoner Gesellschaft eingeführt wurden. So konnte man in manchem Londoner Herrenclub schon an dem Geruch erkennen, welche Gentlemen anwesend waren.

Seit 2006 bietet Floris auch wieder einen ganz speziellen Service: Personalisierte Parfüms. Das bedeutet ein Parfüm wird von den Duftexperten von Floris speziell auf den Kundenwunsch zugeschnitten und dann mit einer Nummer versehen, die in den Archiven des Geschäfts hinterlegt sind. Nur Sie, oder eine von Ihnen autorisierte Person, darf diesen Duft von Floris erwerben.

Zu den bekannten Kunden von Floris zählten, neben Königen und anderen Vertretern des britischen und europäischen Adels, z.B. Florence Nightingale, Winston Churchill, Ian Fleming, Marylin Monroe und viele mehr. In der so genannten „Ledger-Serie“ wurden 2017 acht Düfte aufgelegt, die von alten Kundenaufzeichnungen herrührten, teilweise hunderte Jahre in der Vergangenheit lagen und nur im Laden selbst zu bekommen waren. Leider wurde die Serie meines Wissens trotz großen Erfolges inzwischen eingestellt, aber vielleicht kann man noch etwas bekommen, wenn man sich direkt an Floris wendet.

Heute ist Floris London unter der Leitung von Parfümdirektor Edward Bodenham und somit in 9. Generation in Familienbesitz.

Ich will drei Düfte aus dem Hause Floris vorstellen:

No. 89

  • Kopfnote: Bergamotte, Lavendel, Neroli, Muskatnuss, Orange, Petitgrain (wird aus der Bitterorange gewonnen)
  • Herznote: Schwertlilie, Geranie, Ylang Ylang
  • Basisnote: Zedernholz, Moschus, Eichenmoos, Sandelholz, Vetiver (asiatisches Süßgras)

Der Duft Floris No. 89 ist wahrscheinlich der bekannteste Duft aus dem Hause Floris. Er wurde 1951 eingeführt und seitdem produziert. Laut Ian Fleming soll James Bond immer diesen Duft getragen haben. Weitere bekannte Persönlichkeiten waren Cary Grant und Sir Alec Guinness. Warme Zitrus-Noten, unterstützt von holzigen Basisnoten, prägen diesen Duft. Als Eau de Toilette finde ich ihn inzwischen etwas aus der Zeit gefallen, liebe ihn aber nach wie vor als Rasiercreme nach der Nassrasur, weil sich dann das Aroma zaghafter entfaltet und nicht so aufdrängt.

Soulle Ámbar

  • Kopfnote: Bergamotte, Galbanharz, Ananas, Mastixstrauch
  • Herznote: Rosa Pfeffer, Geranie, Jasmin, Honigklee/Steinklee
  • Basisnote: Bernstein, Vanille, Moschus

Der Duft Soulle Ámbar wurde 2013 kreiert. Der Duft soll die Wurzeln der Familie Floris auf den Balearen verkörpern und einen mediterranen Geist, elegante Noten balanciert mit frischeren grünen Akkorden verströmen. Ich würde es mit den Worten beschreiben: „Goldene Sonne, die über einem andalusischen Landgut steht.“ Das mediterrane Flair ist unverkennbar, aber für mich ist die Duftanmutung zu feminin. Ich finde es ist eher ein Duft für eine „Carmen“, als für einen José. Daher für mich kein Herrenduft, sondern eher etwas für meine besser Hälfte…

Special No. 127

  • Kopfnote: Begamotte, Lavendel, Orange, Petitgrain (wird aus der Bitterorange gewonnen)
  • Herznote: Geranie, Neroli, Rose, Ylang Ylang
  • Basisnote: Moschus, Patschuli

Der Duft Special No. 127 wurde schon 1890 für den russischen Prinzen Orloff unter dem Namen „Orloff Spezial“ kreiert. Später wurde der Duft in Floris Portfolio aufgenommen unter der Seite auf der er im Formelbuch eingetragen war: No. 127. Als Unisex-Parfüm (bzw. Eau de Toilette) erfreut er sich bei beiden Geschlechtern Beliebtheit und wurde z.B. von Eva Peron oder Winston Churchill getragen. Es hat eine erfrischende, zitrische Note, die auf mich sowohl modern, als auch aus der Zeit gefallen wirkt. Mein erster Gedanke war „Metropolis als Geruch“. Und ich finde nach wie vor dass da etwas dran ist: Der Geruch wirkt auf mich wie ein Jules Verne sich den Duft eines Mannes im 21. Jahrhundert ausmalen würde.  Mit fortschreitender Tragezeit weicht die zitronische Note dann eleganteren, fast schon acetonischen Noten mit mehr Tiefe. Sicherlich kein Herrenduft für den normalen Bürotag, eher schon etwas für den Kundenkontakt oder das abendliche Geschäftsessen.

Herrendüfte

Ein nicht minder bekannter und altehrwürdiger Parfümhersteller ist Creed in Paris. Ursprünglich als Schneider und Herrenausstatter begonnen, wird das Unternehmen inzwischen in der 7. Generation immer noch von der Familie geführt und stellt erlesene Düfte her.

Im Jahre 1760 zog der Schneider James Creed (1710–1798) von Leicester nach London. Dies war der Beginn der Maßschneiderdynastie Creed. Seinen Ruf erwarb sich das Haus ab Mitte des 19. Jahrhunderts unter Henry Creed (1824–1914) durch seine Dienste für den berühmten Dandy d’Orsay, Königin Victoria und Kaiserin Eugénie von Frankreich. Es existieren royal warrants (also Rechte als königlicher Hoflieferant) für Reitbekleidung und andere Textil- bzw. Lederwaren. In den folgenden Jahren entwickelte sich das Haus zum Hoflieferanten vieler europäischen Königshäuser sowie des Hochadels und der Prominenz aus Politik und Kultur. 

Über d’Orsay knüpfte Creed Kontakte zum französischen Adel und ließ sich 1850 in Partnerschaft mit einem Mr. Cumberland in Paris nieder, wo sich der Hauptsitz des Hauses noch heute befindet. Der große Durchbruch im Bereich Parfüms erfolgte 1986 mit dem innovativen Duft Green Irish Tweed, der deutlich die Handschrift des bekannten Parfümeurs Pierre Bourdon trägt (wenige Jahre später schuf dieser das eng verwandte Cool Water für Davidoff, einer der Leitdüfte der 1990er Jahre und bis heute einer meiner Lieblingsdüfte für den Alltag).

Weitere berühmte Düfte waren Royal English Leather (angeblich 1781) und Tabarôme Private Collection (angeblich 1875). Die Jahresangaben darf man anzweifeln, da chemische Zusammensetzung und Duftprofil eher moderneren Parfüms entsprechen. Octavian Coifan glaubt Royal English Leather als geniale Variation von François CotyL’Origan identifiziert zu haben, dessen Formel komplett in den Lederduft eingearbeitet wurde. Das deutet auf einen sehr talentierten und geschichtsbewussten Parfümeur hin oder sogar auf François Coty selbst, der ja auch für den Wiener Schneider Knize 1924 den Duft Knize Ten kreierte.

Ich will auf drei Düfte von Creed näher eingehen:

Aventus

  • Kopfnote: Ananas, Bergamotte, Blätter der schwarzen Johannisbeere, Apfel
  • Herznote: Birke, Rosa Pfefferbeeren, Patschuli, Jasmin
  • Basisnote: Ambra, Sandelholz, Eichenmoss, Vanille

Creed meint dazu: „Der außergewöhnliche Aventus wurde vom dramatischen Leben eines historischen Kaisers inspiriert, der Stärke, Macht und Erfolg feierte. Dieser 2010 eingeführte Duft hat sich zum meistverkauften Duft in der Geschichte der Marke entwickelt. Olivier Creed schuf seinen ikonischen Namen, der von einem („von“) ventus („der Wind“) abgeleitet ist, und veranschaulicht den Aventus-Mann als dazu bestimmt, ein getriebenes Leben zu führen und immer mit dem Wind im Rücken zum Erfolg zu galoppieren. Aventus ist eine raffinierte Mischung für Menschen, die ein gut gelebtes Leben genießen.“ 

Anfänglich sehr frische, zitronische Noten wandeln sich mit der Zeit zu wärmeren Duftaromen mit tieferer Eleganz. Ein Duft, der vor allem im Frühjahr und Sommer zu überzeugen weiß und mit seiner frischen Leichtigkeit Urlaubsstimmung verbreitet. Wenn ich diesen Duft rieche, dann muss ich immer an leichte Leinenanzüge und sportliche Leichtigkeit, vielleicht ein Tennismatch oder einen Segeltörn im Mittelmeer, denken.

Silver Mountain Water

  • Kopfnote: Mandarine, Begamotte, Neroli
  • Herznote: Blüten der schwarzen Johannisbeere, Grüner Tee
  • Basisnote: Sandelholz, Moschus

Creed meint zu diesem Duft: „Das abenteuerliche Silver Mountain Water erinnert an glitzernde Bäche, die durch die schneebedeckten Schweizer Alpen fließen, eine belebende Landschaft, in der Olivier Creed, ein Skirennfahrer, Entspannung und Erneuerung findet. Dieser moderne marine/grüne Duft ist seit seiner Einführung ein Bestseller und fängt die Reinheit der Berge ein – weiche, milchig-süße schwarze Johannisbeeren gemischt mit grünem Tee, der Reichhaltigkeit von Bergamotte und Sandelholz. Seine undurchsichtige weiße Flasche deutet auf eisige Schneebänke hin, die mit einer glitzernden Kappe gekrönt sind.“

Fruchtig-herb kommt dieser Duft zunächst daher. Ich fühlte mich ein wenig an eine Hüttenfeier mit Original Sporer Orangenpunsch erinnert, wenngleich später dann Moschus und Sandelholz das Duftregiment bestimmen. Für mich ein Duft für kältere Jahreszeiten oder für festlichere Anlässe am Abend oder Wochenende. Eher fürs Theater als fürs Büro.

Green Irish Tweed

  • Kopfnote: Limone, indisches Eisenkraut, Pfefferminze
  • Herznote: Veilchen
  • Basisnote: Sandelholz, Florentinische Iris, Ambra

Creed selbst meint zu dem Duft: „Wie ein perfekt geschneiderter Anzug wurde und wird Green Irish Tweed von selbstbewussten Männern an der Spitze ihres Fachs getragen. Der Duft kombiniert auf elegante Weise holzige Frische und pure Männlichkeit und eignet sich gleichermaßen für einen Spaziergang durch die irische Landschaft und einen Spaziergang über den roten Teppich. Einer der meistverkauften Düfte von Creed, ihn zu tragen ist unvergesslich.“

Ich muss mich der Einschätzung anschließen, dass dieser Duft zumindest auf meiner Haut trotz seines Alters eine moderne und frische Note entfaltet. Nicht zu aufdringlich, aber elegant. Ideal für den Büroalltag. Auch meiner besseren Hälfte gefiel dieser Duft auf Anhieb (und ist das am Ende nicht das Wichtigste). Da ich auch Davidoff Cool Water als Alltagsduft liebe und regelmäßig nutze, war die Wahl dieses Duftes nicht schwer, der noch etwas eleganter und edler daher kommt.

Auf jeden Fall einmal ausprobieren!